Landesseniorenvertretung Hessen: Pflegenotstand in Hessen entgegenwirken

Landesseniorenvertretung Hessen: Pflegenotstand in Hessen entgegenwirken

Forderung nach mehr Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort und finanziellen Ressourcen
Auf Einladung der Landesseniorenvertretung Hessen (LSVH) und des Seniorenrates Witzenhausen trafen sich rund 60 Vertreter regionaler Seniorenbeiräte, sowie politisch Verantwortlicher aus Hessen in Witzenhausen zu einer Fachtagung unter dem Titel „Versorgungsstrukturen und Personalsituation
in der Pflege in Hessen“.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand eine ausführliche Analyse und ein Vortrag von Dr. Oliver Lauxen vom IWAK Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Dr. Oliver Lauxen stellte Ergebnisse aus dem „Hessischen Pflegebericht 2023“ und aus dem Hessischen Pflegemonitor vor. Beides wurde vom Hessischen Ministerium für Familie, Senioren,
Sport, Gesundheit und Pflege in Auftrag gegeben.
Der Pflegebericht nimmt die Versorgungsstrukturen und die Versorgungsbedarfe in den Regionen Hessens in den Blick. Der Pflegemonitor untersucht alle zwei Jahre die Entwicklungen auf dem
Pflegearbeitsmarkt.
Laut Dr. Lauxen ergeben Analysen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in Hessen zwischen 2019 und 2030 um knapp 12 Prozent steigen dürfte.
Daher müssten die derzeitigen Versorgungsstrukturen dementsprechend ausgebaut werden. Gleiches gelte auch für die vollstationäre Pflege.
Positiv hervorzuheben ist, dass die häusliche Pflege in Hessen auf stabilem Niveau angesiedelt sei, so Dr. Lauxen. Es gibt derzeit keinen verstärkten Trend in Richtung einer Versorgung im Pflegeheim.
Zu bemängeln sei, dass niedrigschwellige Angebote zur Unterstützung im Alltag in den meisten Regionen Hessens nicht ausreichend vorhanden sind, obwohl diese helfen können, den Verbleib in
der eigenen Häuslichkeit zu befördern. Es fehlt insbesondere an hauswirtschaftlicher Unterstützung. Zudem seien Alternative Versorgungsangebote, wie Betreutes Wohnen oder ambulant betreute Wohngemeinschaften nicht flächendeckend in Hessen vorhanden, so Dr. Lauxen weiter.
Ein Ausbau der Versorgungsstrukturen im notwendigen Maße erscheint allerdings angesichts des aktuellen Personalmangels in der Pflege und aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der
Pflegeeinrichtungen kaum vorstellbar. Im Jahr 2022 fehlten laut Hessischem Pflegemonitor mehr als 4.800 Pflegefachkräfte.
Derzeit tragen das Land Hessen, die Kommunen, die Pflegekassen und die Pflegeeinrichtungen gemeinsam die Verantwortung für die Sicherung der pflegerischen Infrastruktur. Dr. Lauxen betonte daher, dass es sinnvoll wäre, den Kreisen und kreisfreien Städten mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu geben. Das Land müsste dazu den rechtlichen Rahmen gestalten und finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellen.
Derzeit gibt es keinen verbindlichen rechtlichen Rahmen. Auch die Entscheidung, die Fachkräftesicherung in der Pflege auf regionaler Ebene zu unterstützen, ist abhängig von der
Prioritätensetzung in den Kommunen.
Der Vorsitzende der Landesseniorenvertretung Hessen Klaus Reifert und der Vorsitzende des Seniorenrates Witzenhausen Gerhard Kulle betonten, wie wichtig es ist sich in den Kommunen und
Landkreisen mit dem Thema der Daseinsfürsorge in einer immer älter werdenden Gesellschaft zu beschäftigen. Dies beinhaltet eine intensivere Unterstützung bei der Umgestaltung Wohnraum hin zu altersgerechtem Wohnraum, einem ausreichenden Angebot an Nachbarschaftshilfen und häuslicher Pflege sowie Investitionen in stationäre Einrichtungen.
Ohne verstärkte Bemühungen in diesem Umfeld, komme es zu einem Supergau in der Versorgung älterer Menschen, so Reifert und Kulle zum Abschluss der Veranstaltung.

Witzenhausen, den 9. Oktober 2024
Zur Person Dr. Oliver Lauxen:
• Ausbildung zum Altenpfleger
• Berufliche Tätigkeit in der ambulanten und stationären Pflege
• Studium der Pflege- und Gesundheitswissenschaft an der Evangelischen Hochschule Darmstadt
• Promotion zum Dr. rer. medic. an der Privaten Universität Witten/Herdecke
• Seit 2010 wissenschaftlicher Mitarbeiter am IWAK
• seit 2015 stellvertretender Leiter des IWAK
Ansprechpartner LSVH:
Klaus Reifert, Vorsitzender, Tel. +49 1711481949, E-Mail: lsvh.reifert@t-online.de
oder Volker Weber, Pressesprecher, Tel. +49 15111347059, E-Mail: VWvolkerweber@outlook.de
Hintergrundinformation:
Die Landesseniorenvertretung Hessen e.V. (LSVH) ist die Vertretung der kommunalen Seniorenvertretungen in Hessen. Der LSVH unterstützt und vertritt die Arbeit von ca. 150
Seniorenvertretungen, Seniorenräte und Seniorenbeauftragte auf Landesebene.
Hierdurch wird gewährleistet, dass die Interessen und Wünsche der über 60-jährigen gehört werden. Es werden ca. 1,8 Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürger über 60 Jahre in Hessen durch den LSVH vertreten.